Die Porzellanmalerei mit der „Capelle zu Vechelde", die hier in den Fokus rücken darf, steht als pars pro toto für ein einzigartiges Tafelservice, das der Landschaftsmaler Pascha Johann Friedrich Weitsch (1723 - 1803) zwischen 1763 und 1768 schuf.
Pascha Weitsch stammte aus einer Handwerkerfamilie im Harzvorland. Dank glücklicher Zufälle konnte sich das Talent des jungen Mannes entfalten. Autodidaktisch und mit enormer Energie erarbeitete sich Weitsch die Fähigkeiten eines professionellen Künstlers, unterstützt durch die Braunschweiger Herzöge. Er wurde zunächst einer der wichtigsten Maler in der herzoglichen Porzellanmanufaktur Fürstenberg.
Nach dem Ende des Siebenjährigen Kriegs (1763) gab Herzog Carl I. ein großes Tafelservice bei der Manufaktur in Auftrag, für das auch Pascha Weitsch einen Probeteller ablieferte und daraufhin mit der Bemalung des gesamten Geschirrs betraut wurde. Statt zeittypischer Ideallandschaften gestaltete er einen Dekor „mit den Städten, Pflecken, Ämtern und Dörfern des Braunschweigischen Landes". Er zeigt verschiedene Gegenden mit charakteristischen Gebäuden und Landschaftsprospekten, wie Wolfenbüttel mit der Silhouette des Brockens oder auch die Kirche zu Vechelde.
Diese wählte er drei Mal als Motiv, zum einen auf einer viereckigen Schüssel (Abbildung 1 und 2) sowie auf zwei großen Esstellern. Die gedeckte Tafel bot ein zusammenhängendes Bild des Herzogtums in seiner geographischen Ausdehnung und landschaftlichen Ausprägung. Die heimischen Landschaften werden von Büschen und Bäumen, Erdschollen und Wurzelwerk sowie Wolkenformationen umrahmt und dabei vor dem weiß schimmernden Porzellangrund wirkungsvoll in Szene gesetzt. Häufig sind Figuren in Rückenansicht dargestellt, um dem Betrachter den Bildraum zu erschließen und ihn am Naturerlebnis teilhaben zu lassen.
In der Vorbereitung wanderte Pascha Weitsch zwei Jahre lang durch das Land und fertigte Skizzen nach der Natur, von denen sich zahlreiche Blätter im Kupferstichkabinett des Herzog Anton Ulrich-Museums erhalten haben, so auch von der „Capelle zu Vechelde" (Abbildung 3).
Im Werk des Porzellanmalers Pascha Weitsch bildet das große Tafelservice den Höhepunkt.
Nach und nach verlagerte Weitsch sein Schaffen auf die Ölmalerei. Zu Recht gilt der Maler als Entdecker des Harzes für die Kunst. Das imposante Mittelgebirge wurde für ihn zum Lebensthema. Meilensteine im Schaffen von Weitsch waren die Ansicht der „Rosstrappe" (1669) und die „Ansicht des Brockens vom Kleinen Fallstein aus gesehen" (um 1775), die sich gemeinsam mit eindrucksvollen Zeichnungen dieser Motive erhalten haben. Der stimmungsvolle, individuelle Blick des Künstlers auf die heimische Landschaft weist unmittelbar auf die deutsche Romantik voraus.
Zum 300. Geburtstag von Pascha Weitsch richtet das Herzog Anton Ulrich-Museum eine Sonderausstellung aus, die die Bedeutung des Künstlers für die deutsche Landschaftsmalerei des 18. Jahrhunderts würdigt; auch eine Darstellung Ihrer Kirche wird zu sehen sein. Sie sind herzlich eingeladen!
NATURTALENT. 300 Jahre Pascha Weitsch, 08.12.2023 - 07.04.2024.
Dr. Martina Minning (Leitung Angewandte Kunst HAUM)

Abbildung 1 und 2: Große Schale mit der Kapelle zu Vechelde, Fürstenberg 1763 - 1768, Bemalung: Pascha Johann Friedrich Weitsch, Porzellan, Aufglasurfarben, Goldstaffierung, Richard Borek Stiftung, Inv.-Nr. PO 03956-015, Foto: Herzog Anton Ulrich-Museum, Marc Stantien. Abbildung 3: Capelle zu Vechelde, 1757 - 1786, Pascha Johann Friedrich Weitsch,