Liebe Leserinnen, liebe Leser!
Bald wird es wieder Herbst werden. Und wir werden zwei Gesichter des Herbstes erleben können: auf der einen Seite noch warme Sonnenstrahlen und Blätter, die sich in ihrer bunten Farbenpracht überbieten wollen. Aber plötzlich sind die Blätter nicht mehr bunt, sondern ihre Farben gehen ins Erdige, die Bäume werden langsam kahl.
Morgens kann es schon richtig kalt sein. Gerade ist noch Erntezeit mit Äpfeln, Trauben und Kürbissen in Fülle, und auf einmal ist die Zeit mit den trüben Tagen da, mit Nebel und Schmuddelwetter. Das eben noch so schön gefärbte Laub der Bäume fällt ab und hinterlässt kahle Zweige. Die Natur beginnt, sich zur Ruhe zu setzen. Vieles erscheint dann kalt, grau und dunkel: So ist der Herbst mit seinen vielen schönen Seiten gleichzeitig auch ein Symbol für die Vergänglichkeit und das Sterben alles Lebendigen. Dunkelheit, Kälte und trübes Wetter schlagen vielen Menschen aufs Gemüt und zehren an den Kräften.
Die Themen der Gottesdienste des Kirchenjahres fügen sich passend dazu ein und wechseln von Erntedank zu den Themen Buße, Trauer, Tod und Ewigkeit.
Manche Menschen würden diese Zeit am liebsten überspringen, möglichst gleich in der heimeligen Advents- und Vorweihnachtszeit ankommen. Die Frage, die sich mir stellt, ist aber, ob wir Menschen nicht genauso wie die Natur auch diese Zeit des Herunterfahrens und des Innehaltens brauchen. Die Natur macht Pause und lädt uns Menschen ein, ihr zu folgen. Auch wir können nun ein wenig ausruhen, bekommen Zeit, uns bewusst zu machen, dass Abschied und Trauer zum Leben dazu gehören.
Das wiederum ist die eine Seite, denn die Natur zeigt uns jetzt auch noch etwas anderes: Im Herbst pflanzen wir zum Beispiel manche Blumenzwiebel und geben so unserer Hoffnung Ausdruck, dass die Kahlheit nicht ewig bleiben wird, dass nach dem Spätherbst und dem Winter mit dem Frühjahr wieder ein neuer Anfang kommt.
Und wenn wir einmal ganz genau unter das Herbstlaub schauen, dann sehen wir an den Zweigen manchmal schon winzig kleine Knospen. Das Sterben eines Blattes und die darunter steckende Knospe voller Leben weisen uns darauf hin, dass im Sterben immer schon ein neuer Anfang begründet ist. So können wir an und in der Natur erkennen, dass Tod und Neubeginn nah beieinander liegen. Sie zeigt uns, dass auch in dunklen Phasen unseres Lebens, in schwierigen Lebenssituationen, in Phasen der Traurigkeit oder Krankheit sowie im Abschied etwas Neues entstehen will.
Oder um es auf einen kurzen Nenner zu bringen: An und in der Natur können wir erkennen, dass Gott selbst bei uns ist und uns begleitet an jedem Tag, an dem wir leben ... und darüber hinaus.
Bleiben Sie gesund, behütet und gesegnet!
Ihr Pfarrer Harald Böhm